Von der Einfuehrung eines Gesetzes wider Herz und Verstand
From WikiLeaks
June 18, 2009
Das Ende vom Anfang, und der Anfang vom Ende
Am heutigen Donnerstag, den 18. Juni 2009, verabschiedete die deutsche Bundesregierung den umstrittenen und gesellschaftlich inakzeptablen Gesetzesvorschlag von Familienministerin Ursula von der Leyen, CDU.
389 Abgeordnete stimmten fuer das Gesetz, 128 dagegen, 18 enthielten sich.
Die Bundesregierung beschliesst damit eine gesetzliche Verpflichtung, nicht eine gesetzliche Regulierung, die in nur einem weiteren freiheitlichen Land dieser Welt bisher angestrebt wurde: Australien. Hier wird das Filtersystem aufgrund der hohen Fehler- und Missbrauchsquoten, seinen Kosten und Transparenzproblemen gerade gesellschaftlich und politisch zu Grabe getragen. Andere Laender wie die von Frau von der Leyen propagierten "skandinavischen Laender" haben vertragsmaessige Regulierungen einzelner freiwilliger Provider. Regulierungen fuer die Voraussetzungen und Grundlagen zur Berechtigung eines Providers, nicht aber einen Zwang zur Zensur durch den Staat.
In jedem der Laender, unabhaengig von diesem Detail, versagen die Implementierungen dieser Systeme. Sie zensieren unkontrolliert und geheim kritische, politische, religioese, ethische und zufaellige Inhalte, haben Fehlerquoten von 70-90% und werden von der grossen Mehrzahl der Experten fuer sinnlos und unumsetzbar erklaert. Ebensowenig wie man ein gesellschaftliches Problem, welcher Art auch immer, ueber eine Zensur der Inhalte von Telefongespraechen beheben kann, kann man den Missbrauch von Kindern zu Dokumentationszwecken durch die Einrichtung von Internetfiltern verhindern.
Die breite Gesellschaft und vor allem auch die Medien haben nicht, noch nicht, verstanden wie sehr sich dieses Thema in ihrer aller Leben einmischen wird. Auf unvoraussehbare Weise. Man hat es verpasst frueh genug Stellung zu beziehen, und zugelassen, dass Propagandisten und Lobbyisten Zugriff auf unserer aller Mittel zur Kommunikation miteinander bekommen haben. Sie sich nun zwischen Menschen, Medien und deren Konsumenten, Gemeinschaften und deren Moeglichkeiten zum Austausch miteinander, stellen koennen.
Die Unfaehigkeit sich logisch zu positionieren
Die Verabschiedung des Gesetzes ist aber auch der traurige vorlaeufige Hoehepunkt der Ignoranz der grossen Parteien in Deutschland.
Die CDU, angefuehrt durch Frau von der Leyen, zeigte keinerlei praktisches Interesse an Argumenten und Fakten, an Bedenken und Engagement. Es ging ausschliesslich um eine blinde, sture und ignorante Politik, unser aller grundlegende Emotionen fuer den Schutz des Kindes mit Propaganda, falschen Zahlen und verblendenden Inhalten ausbeutend.
Die SPD in der Regierungsopposition, gefuehrt durch den fuer diese Frage verantwortlichen SPD Abgeordneten der Partei, Martin Doermann, war nicht in der Lage sich als Partei gegen die Gesetzesvorlage auszusprechen, oder gar durchzusetzen. Dieses Ergebnis am Ende einer leidenschaftlichen Debatte innerhalb der SPD, die von den Verantwortlichen ignoriert und entscheidungspolitisch sabotiert wurde, stellt einen weiteren Tiefpunkt einer Partei in ihrer Identitaetskrise dar. Man versteht es nicht, die entsprechenden Probleme, die man zu loesen hat, zu erkennen und ehrlich bereit zu sein, diese auch verstehen zu wollen.
Die etwas spezieller orientierten kleineren Parteien sind die einzigen, die in diesem Fall die Freiheiten der Buerger noch hochhalten, doch diese Stimme ist nicht laut genug. Bisher.
Von der Entfremdung ueber Spezialisierung und der Zusammenfuehrung durch freiheitliche Ideale
Es scheint ein generelles Problem unserer Gesellschaft zu sein. Die generischen Politiker hoeren ihren "Expertenkollegen" nicht zu. Die generischen Buerger hoeren ihren "Expertenmitbuergern" nicht zu. Noch nicht.
Im letzteren Fall hat die Debatte um Internetsperren eine bisher unbekannte buergerliche, partei-unabhaengige und auch -uebergreifende Oppositionsbewegung geschaffen, weitgehend vereint unter der groessten bisher bekannten Petitionsliste, gesunden Menschenverstand und ein hohes Sachverstaendnis. Und gestaerkt durch die Erkenntnis eine Lobby mit einer starken Stimme zu sein. In dem Moment, in dem man sich entschied sich zu solidarisieren und zu organisieren.
Eine maechtige oeffentliche Lobby von deutschen Bundesexperten, deren Einfluss die Politik zu ignorieren und verraten beschlossen hat. Die in diesem unser aller Medien, dem Internet, DEM Medium, aber maechtiger ist, als die der Autofahrer in der Autofahrerrepublik Deutschland.
Da kann man sich nur wundern.
Verfassungsgericht und die Entstehung einer neuen politischen Macht
Wir sind am Ende vom Anfang, aber auch am Anfang vom Ende, und das Ende dieses Gesetzes ist sicher wie es sicher nur sein kann.
Mit der Verabschiedung des Gesetzes begibt sich die Debatte um das Thema in die naechste Runde. Das Gesetz wird rechtlich bekaempt werden muessen, und es bleibt zu hoffen, dass das Verfassungsgericht hier eine zuegige und eindeutige Position gegen diesen Vorstoss in unser aller Grundrechte bezieht.
Die Buergerbewegung gegen diese technische und gesellschaftliche Sinnlosigkeit und Indiskutabilitaet, wird allerdings auch gestaerkt werden. Mit jedem Buerger der aufwacht aus dem virtuellen Propagandaalbtraum von Ursula von der Leyen, der versteht, dass seine Freiheiten auf grundlegendster Ebene verkauft werden sollen.
Frueher oder spaeter wird jeder verstehen, dass das Internet Realitaet ist und die Fakten, Mechanismen und Versprechen von Frau von der Leyen und Kollaborateuren nur virtuell. Jeder, der verstehen wird welche Implikation dieses Gesetz auf seine Freiheiten haben kann, wird sich dieser Buergerbewegung mit einer Stimme anschliessen.
Es ist nun fuer alle klar woran wir sind, das Feld ist definiert, und die Politiker haben sich entschieden auf welcher Seite sie stehen. Es wird Zeit ernst zu machen und sich zu organisieren. Im Hinblick auf unsere Rechte wie auch die kommenden Wahlen. Und uns als Gesellschaft, deren Leben und Kommunikation zu groessten Teilen auf der Freiheit, Neutralitaet und Lobbyunabhaengigkeit des Internets basiert, zu positionieren und formieren.
WikiLeaks wird wie alle anderen Zensurlisten, die deutschen Listen veroeffentlichen. Wir sehen es als sehr bedenklich, dass ein demokratisches Land, gewappnet mit gut verankerten demokratischen und freiheitlichen Rechten der Buerger wie Deutschland, bedroht werden kann ueber eine so offensichtliche Kampagne um politisches Profil und populaere Propaganda.
WikiLeaks wird weiter fuer unsere Besucher verfuegbar bleiben, in Deutschland wie auch ueberall sonst. Waehrend es schade waere wenn wir nun aehnlich wie in China und Thailand agieren muessten, so waere es doch immer noch nur ein unsinniger, nicht ernstzunehmender politischer Vorstoss der in der Realitaet des Internets ablaeuft. Technisch betrachtet. Und da muss keiner draussen bleiben.
Wir werden sicherstellen, dass die freie Presse, Menschenrechtsarbeiter, Korruptionsgegner und alle Buerger weiter vollumfaenglichen Zugang zu bisher unveroeffentlichten oder zensierten Informationen behalten, die als dokumentierte Bestandteile unserer Realitaet von Interesse sind. Informationen von couragierten Mitbuergern die Licht in die dunklen, dreckigen Ecken unserer Gesellschaft, Lobbies, Institutionen und Regierungen bringen, und diese schuetzen.
Unzensierbar, und ohne Kompromiss.
Source documents
- 1,203 new websites censored by Thailand
- Green Dam censorship system internal brief to Chinese government, doc, Jan 2008
- Chinese Green Dam Falun Gong related censorship keywords, June 2009
- Green Dam censorship system internal brief to Chinese government, Jan 2008
- Australian government secret ACMA internet censorship blacklist, 6 Aug 2008
- Australian government secret ACMA internet censorship blacklist, 11 Mar 2009
- Australian government secret ACMA internet censorship blacklist, 18 Mar 2009
- Thailand blocklist for 408 new articles and videos including Harry Nicolaides imprisonment reportage, 14 Jan 2009
- 797 domains on Finnish Internet censorship list, including censorship critic, 2008
- Australia secretly censors Wikileaks press release and Danish Internet censorship list, 16 Mar 2009
- Denmark: 3863 sites on censorship list, Feb 2008
- Norwegian secret internet censorship blacklist, 3518 domains, 18 Mar 2009
- US site Abortion TV photos censored by Australian government, 15 Mar 2009
- Thailand official MICT censorship list, 20 Dec 2008
- MICT blocklist 11 Jan 2007
- MICT blocklist 12 Oct 2006
- MICT blocklist 16 May 2006
- MICT blocklist 28 May 2007
- United Arab Emirates Internet censorship plan (2006)
- Wikileaks releases over 150 censored videos and photos of the Tibet uprising
See also
- The coming age of internet censorship
- The Dawning of Internet Censorship in Germany
- Von Zensur und der Gesellschaft
- Secret gag orders undermine core Western values
- Westliche Internetzensur: Anfang vom Ende oder Ende vom Anfang?
- Western internet censorship: The beginning of the end or the end of the beginning?
- Wikileaks and Internet Censorship - a comparative study
- There is no bigger issue than net censorship
- A Blacklist for Websites Backfires in Australia
- Australian Government censorship of US anti-abortion site abortiontv.com, 21 Jan 2009
- Australian government secret ACMA internet censorship blacklist, 11 Mar 2009
- Banned hyperlinks could cost you 11,000 dollars a day
- Dentist's website on leaked blacklist
- Experten greifen von der Leyen an
- Hausdurchsuchung bei WikiLeaks.de Domaininhaber
- Internet Censorship in Thailand
- It certainly looks like the ACMA blacklist, eh Senator Conroy
- Leaked Australian blacklist reveals banned sites
- Lists of allegedly illegal websites always leak
- Media freedom group calls for an end to Thai internet censorship
- Police raid home of Wikileaks.de domain owner over censorship lists